Arbeitsunfall im Homeoffice: Beim Versuch mit dem Drehstuhl zum Kühlschrank zu fahren, verheddert sich die Kuscheldecke in den Rollen.
Viele von euch sind bereits seit Wochen im Homeoffice. Wie geht es euch damit? Fühlt es sich gesund an?
Dieser Artikel ist all denjenigen gewidmet, die sich mit den Herausforderungen des neuen Alltags konfrontiert sehen und ihre Gesundheit dabei nicht aus den Augen verlieren wollen.
Ich bin mir nach meinen Beobachtungen in den letzten Monaten sicher, dass es kein allgemeingültiges Bild von dem Homeoffice Zustand momentan in Deutschland gibt.
Je nach räumlichen Voraussetzung, persönlichen Ressourcen und sozialen Umständen, stehen wir vor ganz individuellen Herausforderungen.
Die Flexibilität jedoch, die viele von uns in den letzten Monaten aufbringen mussten, um einen neuen Arbeitsalltag zu gestalten, ist unübersehbar.
In dem folgenden Beitrag habe ich Faktoren zusammengetragen, die entscheidend sind, um einen Arbeitsalltag gesund zu gestalten. Da spielt es zunächst keine Rolle, wo dieser stattfindet. Herausforderungen, welche im Homeoffice auf uns zukommen könnten, sind individuell zu betrachten und zu bewerten.
Ein gesunder Arbeitsalltag ist durch die folgenden Umstände gekennzeichnet und je mehr davon erfüllt sind, desto wohler und gesünder fühlen wir uns mit unserer Arbeit.
1) Struktur
Ein Tages oder Wochenplan als To Do Liste mit Priorisierungen hilft den Überblick zu behalten über die anstehenden Aufgaben. Wenn du Kontrolle verspürst, über das was auf dich zukommt, vermindert dies dein Stressgefühl. Chaos und fremdgesteuert sein, löst in uns Stress und Unwohlsein aus, erhöht den Blutdruck und lässt uns Nachts schlecht schlafen.
Herausforderung im Homeoffice: Durch den geänderten Arbeitsplatz kann es passieren, dass uns gewohnte Arbeitsweisen auch verloren gehen. Die Disziplin sich auch im Homeoffice zu strukturieren könnte unterschätzt und deshalb vernachlässigt werden.
2) Gesunde Ernährung
Einer ausgewogenen Ernährung, möglichst natürlich und ballaststoffreich, kommt eine besondere Rolle zu. Je besser dein Körper versorgt ist mit den wichtigen Nährstoffen, Spurenelementen, Mineralstoffen und Fetten, desto gesünder und leistungsstärker ist er auch. Die Art der Nahrungsaufnahme sollte einem gesunden Lebensstil entsprechen. Sie sollte in Ruhe und im Sitzen mit möglichst wenig Ablenkung erfolgen. Vermeide überstürztes Essen, welches im Stehen oder Laufen stattfindet.
Herausforderung im Homeoffice: Man kann nicht mehr die Kantine aufsuchen oder seine gewohnten Mittagslokalitäten ansteuern. Das Essen muss selbst gekocht oder aus anderen Quellen bezogen werden. Hier sind Chancen und Herausforderungen sehr stark von jedem Einzelnen abhängig. Wir essen im Homeoffice eher allein, einige von uns vor dem Fernseher, manche essen Mittags gar nicht, manche snacken nur und wieder andere arbeiten neben dem Essen weiter. Die Herausforderungen eine gesunde Mittagspause zu gestalten sind vielfältig.
3) Bewegung
Dehnungs - und Lockerungsübungen am Arbeitsplatz oder sogenannte bewegte Pausen werden in vielen großen Firmen bereits angeboten und dienen dazu, den Bewegungsapparat aus seiner einseitigen Haltung herauszuholen. Zusammen mit den Kollegen eine bewegte Pause zu machen kann für viel Spaß sorgen.
Herausforderung im Homeoffice: Oft fehlt ein Angebot in der häuslichen Umgebung, um schnell mal eine Bewegungseinheit auszuführen. Man muss sich selbst motivieren und ist meist allein in seiner bewegten Pause.
4) Soziale Kontakte
Der Smalltalk heitert auf und lässt die Gedanken in andere Richtungen gehen. Dadurch entsteht eine kurzfristige Distanz zu dem, was gerade bearbeitet wurde. Schon der Gang über den Flur oder zur Küche verschafft dir den ein oder anderen Smalltalk, einen kleinen Flirt oder eine lustige Anekdote, welche dich zum Lachen bringt. Du veränderst deine Haltung und kannst dich kurz ablenken lassen. Eine erneute Aufnahme der Konzentration fällt anschließend oft leichter.
Herausforderung im Homeoffice: Smalltalk der durch zufällige Begegnungen entsteht, kann nicht mehr stattfinden. Wir müssen aktiv zum Telefon greifen oder eine kurze Nachricht an jemanden richten. Dies geschieht meist ohne sichtbaren Kontakt und ohne das wir vom Arbeitsplatz weggehen. Einsamkeit und Isolation können somit leichter entstehen.
5) Pausen/ Entspannungsphasen
Ganz gezielt die Pausen in den Tag einplanen und auch einhalten. Ob im Sommer im Park oder als kleiner Spaziergang oder im Ruheraum allein oder zusammen mit einem Arbeitskollegen/Arbeitskollegin. Die Pausengestaltung und wie wir unseren Akku aufladen, ist sehr individuell.
Herausforderung im Homeoffice: Es fehlt die Möglichkeit die Pausen mit den Kollegen zusammen zu gestallten. Wer daraus Kraft und Erholung gewonnen hat, muss sich nun in der Homeoffice Pause umstellen. Pausen könnten dann leichter übergangen werden und /oder mit Hausarbeit gefüllt sein.
6) Beginn und Ende
Es ist wichtig seiner Arbeit ein Ende zu setzen und den Körper in einen Feierabend Modus zu bringen. Hier darf nach Lust und Laune alles stattfinden was dir gut tut oder was noch privat erledigt werden muss. Die Arbeit sollte jedoch beendet sein.
Herausforderung im Homeoffice: Wer seinen neuen Arbeitsplatz stets sichtbar im heimischen Bereich aufgestellt hat, ist oft verleitet in den späten Abendstunden doch nochmal den PC anzuschalten, mal schnell die mails zu checken, doch noch eine Aufgabe zu beenden oder einfach mal nachzuschauen.
7) Ergonomische Voraussetzungen
Ergonomischer Stuhl, höhenverstellbarer Schreibtisch, Fußablage, Armauflage etc. sind eine Grundvoraussetzung für stundenlanges gesundes Sitzen am Schreibtisch.
Herausforderung im Homeoffice: Viele besitzen keinen Arbeitsplatz im eigentlichen Sinne. Da muss der Wohnzimmertisch oder der Esszimmerstuhl herhalten. Dies kann zu Rückenschmerzen, eingeschlafenen Beinen und Armen und einer ungesunden Körperhaltung führen.
8) Wertschätzung/Anerkennung
Das Gespräch mit dem Vorgesetzen oder Kollegen welche die Arbeit wertschätzen und dies äußern geben uns ein wichtiges Gegenstück zu dem Stress und das Engagement, welches wir in unsere Arbeit einbringen. Fehlt dies völlig kann es zu seelischen Dysbalancen kommen.
Herausforderung im Homeoffice: Wertschätzung und ein freundliches anerkennendes Wort findet man oft in persönlichen Gesprächen. Durch den reduzierten persönlichen Kontakt könnten wertschätzende und anerkennende Worte zu kurz kommen.
9) Kleidung und Körperpflege:
Viele von uns haben Bürokleidung und private Kleidung. Das meint eigentlich nichts anderes, als sich in eine gewisse Rolle hineinzubegeben, in dem Moment, wo man in seine Arbeitskleidung schlüpft. Das hilft auch optisch sich in seinen Arbeitsalltag einzufinden. Der Anzug bei den Herren hilft auch der Familie wahrzunehmen, dass Papa gleich ins Büro fährt. Eine Abgrenzung findet somit für viele zwischen Arbeit und Privat mit Hilfe des Kleidungsstils statt.
Herausforderung im Homeoffice: Wir ziehen uns nicht mehr unsere Arbeitskleidung an und vielleicht kommt auch die sonst so hoch priorisierte Körperpflege manchmal zu kurz. Dies tut unserem Selbstwertgefühl nicht gut. Früher oder später hört man sich sagen: "Ich vergammele so richtig im Homeoffice".
10) Networking (Resilienz)
Unser tägliches Networking zwischen den meetings, in der Kantine oder in den Pausenräumen, überall vernetzen wir uns und knüpfen Kontakte. Dies stärkt unsere Resilienz, denn wenn wir Hilfe brauchen oder auch nur einen Rat, werden wir auf dieses Netzwerk zurückgreifen können.
Herausforderung im Homeoffice: Networking kann sich nicht mehr so stark spontan entwickeln. Es besteht die Gefahr zu übersehen, dass jemand unsere Hilfe benötigt und auch, dass wir selbst nicht mehr so stark in den Austausch gehen können. Neue Kontakte zu knüpfen fällt nicht mehr so leicht und manche Kontakte lösen sich auf, wenn man sich nicht mehr begegnet.
11) Selbstbestimmt
Seinen Arbeitstag selbst zu bestimmen gibt uns ein gutes Gefühl. Damit ist gemeint wo wir arbeiten, wann wir arbeiten und auch wieviel und mit wem wir arbeiten. Je mehr von diesen Kriterien erfüllt sind, desto wohler fühlen wir uns mit unserer Arbeit, denn eine Anpassung an die eigenen Lebensumstände erhöht die work-life-balance und somit unsere psychische als auch physische Gesundheit.
Herausforderung im Homeoffice: Wenn wir im Homeoffice arbeiten müssen und dies nicht unbedingt wollen, kann es hier zu einer Unzufriedenheit kommen und dem Gefühl gezwungen zu sein.
12) Atmosphäre / Licht /Lautstärke/ Luft/Wärme-Kälte
Ein möglichst tagesbeleuchteter, ruhiger, gut temperierter und sauberer Arbeitsplatz stärkt unsere Gesundheit.
Herausforderung im Homeoffice: Privates und Berufliches vermischen sich im Homeoffice schnell. Kommen Nachmittags Kinder nach Hause, ist es schnell vorbei mit der Ruhe. Bohrt unser Nachbar Vormittags oder mäht den Rasen, wenn wir uns gerade in eine Telefonkonferenz einwählen wollen? Sitz der Partner gleich nebenbei und telefoniert? Habe ich eine Dachgeschosswohnung, die im Sommer sehr warm ist? Oftmals finden wir im heimischen Bereich andere Arbeitsbedingungen vor, als auf unserer Arbeit und wenn diese Bedingungen nicht vorteilhaft sind, kann es hier auf Dauer zu einer Belastungssituation kommen.
13) Akzeptanz – Abwesenheit von Mobbing
Wenn wir uns im Kreise unserer Arbeitskollegen wohlfühlen und der Vorgesetzte eine Arbeitsatmosphäre schafft, welche Raum bietet für faire Kritik und des miteinander Wachsens , dann können wir entspannt in den Arbeitsalltag blicken. Ausgrenzung, Distanzierung und Mobbing können psychisch stark belastend für einen Mitarbeiter sein und bedürfen umgehender Hilfe.
Herausforderung im Homeoffice: Wenn eine positive Teamstruktur vorliegt, kann dies im Homeoffice schwer vermisst werden. Fehlt der regelmäßige persönliche Kontakt oder wird stark eingeschränkt können Teamstrukturen verloren gehen oder sich verändern.
14) Das richtige Maß an Arbeitsbelastung
Sowohl Überforderung als auch Unterforderung lösen Stress aus und sind nicht gesundheitsförderlich.
Herausforderung im Homeoffice: Die eigenen Disziplin ist hier wohl die größte Herausforderung. Die Arbeitspakete und Arbeitszeiten zusammen mit dem Arbeitgeber zu gestalten und diese auch im Homeoffice nicht über zu erfüllen oder unter zu erfüllen stehen hier im Fokus. Eine weitere Herausforderung besteht im Aufrechterhalten eines engen Austausches mit dem Vorgesetzten. Erste Anzeichen für eine Überlastung/Unterforderung können durch den Vorgesetzen, durch die räumliche Distanz, vielleicht nicht so früh wahrgenommen werden, als wenn man sich jeden Tag im Büro begegnet.
Unabhängig davon wie viele Herausforderungen jedem von uns im Homeoffice gestellt werden und wie diese gemeistert werden, es bleibt eine enorme Umstellung, die von Zeit zu Zeit bewusst reflektiert werden sollte. Hier steht meines Erachtens vor allem der Austausch mit dem Arbeitgeber an erster Stelle.
In meinem nächsten Blog Beitrag werde ich euch Tips geben wie ihr den Herausforderungen im Homeoffice entgegen treten könnt.
Eure Susanne
© Susanne Uckun
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